Wasserstoff...

Was sonst sollten wir uns wünschen?

Dr. Lars Schernikau

Am 20. Juli 1969 betrat Neil Armstrong als erster Mensch den Mond. Sein „Raumfahrzeug“ wurde mit flüssigem Wasserstoff – Liquid Hydrogen LH₂ – angetrieben [1]

Wasserstoff ist ein Wundermolekül, das leichteste bekannte Molekül der Erde… stark genug, um uns zum Mond zu fliegen!

Seitdem haben sich einige Dinge geändert. Kohle, Öl und Gas – die uns mit über 80 % der von uns verbrauchten Energie versorgen – wurden vom UN-Chef als die Meister aller Katastrophen verdammt, die unseren geliebten Planeten Erde in nie gekanntem Ausmaß zum „Kochen“ bringen. Irgendjemand (ich weiß nicht wer) kam auf die glorreiche Idee, das Wundermolekül Wasserstoff, das gleiche Molekül, das die Menschheit in den Weltraum katapultierte, zu einem Schlüsselbaustein für die Zukunft unserer Energiesysteme zu machen. Die Idee dahinter ist, dass Wasserstoff in der Lage sein soll, Öl, Kohle und Gas für die Strom-, Wärme- und Produktproduktion weitgehend zu ersetzen, wobei nach seiner „Verbrennung“ nichts als sauberes Wasser H₂O zurückbleibt… was könnte wünschenswerter sein?

Die meisten, wenn nicht sogar alle Energie-Enthusiasten haben inzwischen verstanden, dass Wasserstoff im Hinblick auf die „Energiewende“ KEINE Energiequelle, sondern „nur“ ein Energieträger ist. Ein Energieträger bedeutet, dass er zunächst aus Energie „hergestellt“ wird, um Energie von Punkt A nach B oder über einen längeren Zeitraum zu „transportieren“, Wasserstoff „kostet“ also Energie.

In der Presse und in wissenschaftlichen Berichten scheint man H₂ entweder zu lieben oder zu hassen, entweder „glaubt“ man, dass es die Zukunft ist, oder „äußert“, dass es zum Energie-Suizid führen wird. Hier soll dieses heiße Thema, das Molekül H₂, näher beleuchtet und versucht werden, den Lärm etwas zu übertönen.

Hinweis: Der heutige Blog bezieht sich auf unser Buch The Unpopular Truth… about Electricity and the Future of Energy, das kürzlich auf die Ausgabe 2024 aktualisiert wurde. Schauen Sie dazu dieses Video!

[1] Flüssiges H₂ wird als Raketentreibstoff verwendet, weil es 1) mehr Schub pro Treibstoffeinheit liefert => es verbrennt bei sehr hohen Temperaturen, 2) es ist sehr leicht und hat eine hohe Energiedichte pro kg, 3) es kann bei -250°C stark komprimiert werden, obwohl es teuer und schwierig zu handhaben ist.

  1. Eine kurze Geschichte von Wasserstoff

Im Jahre 1766 soll der Philosoph, Chemiker und Physiker Henry Cavendish die „brennbare Luft“ Wasserstoff entdeckt haben, die bei der Verbrennung Wasser bildet. Wissenschaftler hatten Wasserstoff schon jahrelang hergestellt, bevor er als Element anerkannt wurde. Schriftliche Aufzeichnungen belegen, dass Robert Boyle bereits 1671 bei Experimenten mit Eisen und Säuren Wasserstoffgas herstellte [2].

Doch dann ereignete sich Jahrhunderte später 1937 die Hindenburg-Katastrophe. Ein Funke soll austretenden Wasserstoff entzündet haben, der den mit H₂ gefüllten Zeppelin in Brand setzte und zerstörte. Hier wurde die Öffentlichkeit zum ersten Mal auf die Gefahren von Wasserstoff aufmerksam [4].

Nach jahrhundertelangen Studien schätzen man heute, dass 90 % des sichtbaren Universums aus diesem kraftvollen Wasserstoff bestehen.

Wasserstoff ist der gleiche „Rohstoff“, den die meisten Sterne zur Energieerzeugung „verbrennen“. Die Fusion, also der Prozess, den die Sterne nutzen, wird jetzt als mögliche Energiequelle für die Erde untersucht. Man geht davon aus, dass die Sonne noch mehr als 5 Milliarden Jahre leuchten wird, denn so lange reichen ihre Wasserstoffvorräte schätzungsweise noch [2].

Flüssiger Wasserstoff ist übrigens wichtig für die Kryotechnik und die Erforschung von Supraleitungen, liegt doch sein Schmelzpunkt nur 20 Grad über dem absoluten Nullpunkt (etwa -250 °C).

Auf der Erde kommt Wasserstoff hauptsächlich in Verbindung mit Sauerstoff in Wasser vor, aber auch in organischer Materie wie lebenden Pflanzen, Erdöl, Kohle usw. (Abbildung 2).

Seit Jahrzehnten wird Wasserstoff hauptsächlich für industrielle Zwecke produziert und verbraucht. Der weltweite Gesamtbedarf an Wasserstoff wird auf ~120 Mio. Tonnen geschätzt. Er wird vor allem bei der Ölraffination und bei der Herstellung von Ammoniak NH₃ durch den so genannten „Haber-Prozess“ verwendet (NH₃ ist für die Herstellung von Düngemitteln/Nahrungsmitteln unerlässlich).

Abbildung 1: Quellen von Wasserstoff

Zu den sekundären Verwendungszwecken gehört die Beimischung zu anderen Gasen für die Herstellung von Stahl und Methanol. H₂ wird auch Fetten und Ölen, z. B. Erdnussöl, durch ein Verfahren namens Hydrierung zugesetzt. Flüssiger Wasserstoff wird bei der Erforschung von Supraleitern verwendet und ist in Verbindung mit flüssigem Sauerstoff ein hervorragender Raketentreibstoff.

Es wird geschätzt, dass der heutige Wasserstoff zu 99,96% aus fossilen Brennstoffen, Erdgas (~60%), Kohle (~20%) und Öl (~20%) stammt, siehe Abbildung 1.

 Die Schätzung der IEA [18] für „Netto-Null“ basiert beispielsweise auf einer von mehreren unrealistischen Annahmen, wonach bis 2050 jährlich 530 Mio. t „grüner Wasserstoff“ benötigt werden. Dazu wären jährlich mehr als 27.000 TWh erforderlich (was der heutigen, fast vollständigen globalen Stromerzeugung entspricht, wenn man von 50 kWh/kg für die Elektrolyse benötigter Energie ausgeht). Würde man diesen Wasserstoff nur für die Speicherung und das Repowering verwenden, wären von diesen 27.000 TWh nur 5.500-9.500 für den Endverbraucher nutzbar.

Das Wasserstoffatom ist ein Hauptenergieträger in vielen chemischen Brennstoffen, da es reaktiv ist und die Energie aus seinen chemischen Bindungen mit anderen Atomen aufnehmen und abgeben kann. Außerdem ist es das leichteste Molekül, was ihm eine sehr hohe gravimetrische Energiedichte (Energie pro Kilogramm) verleiht. Andererseits hat H₂ eine sehr geringe volumetrische Energiedichte (Energie pro Liter, siehe Abbildung 3).

Eine niedrige volumetrische Energiedichte bedeutet, dass H₂ weder wirtschaftlich über große Entfernungen transportiert noch langfristig wirtschaftlich gespeichert werden kann, da es so „dünn“ ist, dass es buchstäblich „durch alles hindurchsickert“, sogar durch unbehandelten Stahl.

Heute wird H₂ als die Lösung für die langfristige Energiespeicherung angesehen oder erhofft. H₂ soll eines der wichtigsten naturbedingten Probleme von Wind- und Solarenergie überwinden: die Intermittenz oder Unstettigkeit. Infolgedessen wird H₂ in den kommenden Jahren Hunderte von Milliarden US-Dollar an Finanzmitteln mobilisieren.

Abbildung 2: Brennstoffe in einem thermodynamischen System C-H₂-O₂; Umwandlung von Kohlenhydraten in Kohle, Methan und flüssige Kohlenwasserstoffe.  Quelle: Wolf 2021, aus unserem Buch www.unpopular-truth.com (Bild dort zum Download verfügbar)

2.  Warum ist Kohlenstoff wichtig für H₂?

Kohlenstoff ist ein weiteres leichtes Element, das ein hervorragender Energieträger und Brennstoff ist. Kohle, die in erster Linie aus Kohlenstoff besteht, verbrennt in Verbindung mit Sauerstoff mit hoher Energieausbeute.

Wenn es um Wasserstoff geht, ist Kohlenstoff ein chemischer Wundertäter. In Verbindung mit Wasserstoff bildet Kohlenstoff äußerst vielseitige und energiereiche gasförmige und flüssige Kohlenwasserstoff-Kraftstoffe (z. B. Erdgas, Benzin, Diesel).

Kohlenwasserstoffe lassen sich bei Umgebungstemperatur und -druck leicht lagern und transportieren. Höhere Kohlenstoffanteile ergeben feste Stoffe, niedrigere Anteile ergeben Gase (Abbildung 2). Kohlenstoff bewirkt auch, dass die Wasserstoffatome viel enger aneinander gepackt werden. Dies erklärt, warum Benzin und Oktan über 60 % mehr Wasserstoffatome pro m³ enthalten als reiner Flüssigwasserstoff.

Da Kohlenstoff dem Gemisch seine eigene, bedeutende Energie hinzufügt, hat Benzin eine ~3,5-mal höhere volumetrische Energiedichte (kWh pro Liter) als flüssiger Wasserstoff und eine ~7-mal höhere Dichte als komprimiertes H₂, wie es für H₂-betriebene Autos vorgesehen ist (Abbildung 3).

Nur wenige feste Stoffe haben eine noch höhere volumetrische Energiedichte als flüssige Ölprodukte (Benzin, Diesel, Jetfuel, etc), was seine weite Verbreitung im Verkehr erklärt.

So verwandelt Kohlenstoff den Wasserstoff, ein explosives Gas mit geringer Dichte, das sich erst bei
-250°C verflüssigt, in bei Raumtemperatur flüssige Kohlenwasserstoffe (z. B. Benzin, Diesel oder andere Erdölprodukte, CxHxOx). Diese Kohlenwasserstoffe haben eine mehr als dreimal so hohe Energiedichte wie Wasserstoff allein.

Wasserstoff ist nicht nur so dünn, dass er buchstäblich alles durchdringt, sondern hat auch eine große Bandbreite an entzündlichen Konzentrationen in der Luft und eine geringere Zündenergie als Benzin oder Erdgas, was bedeutet, dass er sich viel leichter entzünden kann. Der Umgang mit Wasserstoff ist daher ohne spezielle Ausrüstung und Schulung sehr gefährlich Bitte außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren!

„Hätten wir keinen Kohlenstoff, müssten wir ihn als ideales Werkzeug für den Umgang mit Wasserstoff erfinden“ (Kiefer 2013, S. 117, [3]).

H₂ ist 8x leichter als Methan, bei der Komprimierung von H₂ auf 200 bar gehen ~9% des Energiegehalts verloren, gegenüber ~2,5% bei der Komprimierung von Methan

H₂ ist ein synthetischer Energieträger: Hochwertige Energie ist erforderlich, um H₂ zu produzieren, zu komprimieren, zu verflüssigen, zu transportieren, zu übertragen oder zu speichern (in den meisten Fällen könnte diese Energie durch Wind- oder Solarenergie direkt an den Endverbraucher abgegeben werden)

Abbildung 3: Volumetrische Energiedichte von Wasserstoff, Benzin und Erdgas. Quelle: Schernikau basierend auf Bossel Eliasson 2006, Bossel 2009, Wikipedia on Energy Densities (1) Diesel hat mit 38 MJ/l eine etwas höhere volumetrische Energiedichte als Benzin. Ausführlichere Hinweise finden sich in den Grafiken auf der Website.

3.  Wie wird H₂ hergestellt und wie gespeichert?

Wir haben bisher betrachtet, wofür die heutige „Wasserstoffwirtschaft“ verwendet wird und woher der Wasserstoff kommt, nämlich von fossilen Brennstoffen. Wir haben auch die Bedeutung von Kohlenstoff untersucht, um das am häufigsten vorkommende Molekül Wasserstoff bei Umgebungsdruck und -temperaturen „nutzbar“ zu machen. Als Nächstes untersuchen wir den Traum der Energiewende, Wasserstoff für die Langzeitspeicherung von Energie zu nutzen, um das Problem der Intermittenz von Wind- und Solarenergie zu lösen.

Die Herstellung von Wasserstoff für Speicherzwecke erfordert Energie, sehr viel Energie. Die aktuellen Schätzungen liegen bei 50-60 kWh Strom pro 1 kg Wasserstoff [6], was laut IEA [18] mehr als 27.000 TWh für 500+ Millionen Tonnen H₂ bedeutet, die für „Netto-Null“ vorgesehen sind. Es wird aber auch von einer großen Bandbreite von 40 bis 80 kWh/kg berichtet. 55 kWh scheint eine vernünftige Zahl zu sein, 50 kWh zu optimistisch, aber am Ende spielt das keine Rolle, die Zahlen bleiben sehr hoch.

Wie viel ist eine Menge? Angenommen, wir wollen die 120 Mio. Tonnen des heutigen jährlichen Wasserstoffverbrauchs mit Hilfe der Elektrolyse „herstellen“, wie viel Strom würden wir dann benötigen? Mehr als 6.000 TWh ist die Antwort, etwa so viel Strom, wie die gesamten USA und dreimal Deutschland pro Jahr verbrauchen (Abbildung 1).

Die Herstellung von Wasserstoff für die Speicherung „kostet“ oder „verliert“ 65-80 % der eingesetzten Energie für Elektrolyse, Verdichtung, Speicherung, Transport und Repowering. Das bedeutet, dass 65 bis 80 % der Elektrizität, die Sie zur „Herstellung“ von Wasserstoff für die Speicherung verwenden, „verschwendet“ wird. Da Energie niemals verloren geht, wird diese „verschwendete“ Energie in Form von minderwertiger Wärme mit hoher Entropie in die Atmosphäre abgegeben und erwärmt logischerweise die Biosphäre um uns herum.

Oh, Wasserstoff verbrennt bei 2.130 °C und die Flamme ist kaum sichtbar. Dies führt zu weiteren Sicherheits- und sogar Emissionsproblemen, weil er auch so leicht mit dem Stickstoff in der Luft reagiert.

Wenn so viel Energie „verschwendet“ wird, wäre es logisch, den Strom direkt zu nutzen, d. h. man würde zunächst den verfügbaren Strom aus Wind- oder Sonnenenergie zum Aufladen des Tesla verwenden. Erst dann würden Sie den übrig gebliebenen, ungenutzten Strom zur Herstellung von Wasserstoff für die Speicherung verwenden. Sie würden logischerweise niemals in Erwägung ziehen, Gas, Kohle (mit oder ohne CCS), Kernkraft, Wasserkraft oder Erdwärme – alles völlig in Ordnung befindliche und nutzbare Formen von Elektrizität ohne unnötigen Abfall – zur Herstellung von Wasserstoff für die Speicherung zu verwenden.

Man würde logischerweise NUR ungenutzten, überschüssigen Wind- und Solarstrom zur Herstellung von Wasserstoff für die Speicherung verwenden, alles andere wäre energetischer und wirtschaftlicher „Irrsinn“.

Im Jahr 2023 erzeugte die Welt insgesamt 3.900 TWh an intermittierendem Wind- und Solarstrom. Für die Elektrolyse werden mehr als 6.000 TWh konstanter (nicht intermittierender) Energie benötigt, nur um die 120 Mio. Tonnen H₂ zu ersetzen, die heute weltweit verbraucht werden (nicht für die Speicherung). Der Wirkungsgrad der Elektrolyse nimmt mit einer intermittierenden Stromquelle drastisch ab (siehe Abbildung 5).

Ein weiterer Punkt: Erinnern Sie sich bitte, dass wir TWs von Wind- und Solaranlagen installieren, um „das Klima zu retten“, indem wir die Treibhausgas-Emissionen unserer Energiesysteme reduzieren. Die Verringerung der Treibhausgas-Emissionen soll die künftige „globale Erwärmung“ begrenzen, wodurch extreme Wetterereignisse verringert und der Anstieg des Meeresspiegels „aufgehalten“ werden soll. Sollte Wasserstoff aus Wind- und Solarenergie dann nicht die CO₂-Emissionen verringern?

Schauen wir uns das mal an. Der IPCC AR6 [7] stellt fest, dass die Solarenergie einen Lebenszyklus-Treibhausgas-Fußabdruck von 9-250 g/kWh hat (einschließlich des Albedo-Effekts, Notiz 2), das ist eine sehr große Bandbreite. Wir sind dabei, eine neue, von Fachleuten begutachtete Studie zu diesem Thema abzuschließen, aus der hervorgeht, dass diese Zahl – selbst wenn man die meisten der unrealistischen Annahmen der IPCC-Studie zugrunde legt – wahrscheinlich am oberen Ende liegen wird.

Durch Elektrolyse erzeugter Wasserstoff, der mit dem derzeitigen deutschen Stromnetz (fast 40 % Wind- und Sonnenenergie) betrieben wird, würde doppelt so viel emittieren wie ein „normales“ Kohlekraftwerk (Abbildung 3). Wenn man H₂ in irgendeiner flüssigen Form transportiert, wird die Situation wegen des Abdampfens noch deutlich schlechter.

Bei einem konservativen CO₂eq Fußabdruck von durchschnittlich 200 g/kWh über den gesamten Lebenszyklus und einem 100 %igen Solarnetz würde „grüner“ Wasserstoff aus Solarenergie ungefähr die gleichen relativen CO₂eq Emissionen verursachen wie ein „normales“ Kohlekraftwerk (950 g CO₂/kWh).

All dies gilt nur, wenn man fälschlicherweise davon ausgeht, dass die Elektrolyse, die Verdichtung, die Speicherung, die Repowering-Ausrüstung und die damit verbundenen Prozesse keinen CO₂-Fußabdruck hinterlassen.

[2] Die Albedo bezieht sich auf den Anteil der einfallenden Strahlung, der von dunklen Oberflächen absorbiert wird und somit die umgebende Biosphäre erwärmt.

Abbildung 4: CO₂-Fußabdruck von Wasserstoff in Deutschland Hinweis: Fälschlicherweise wird angenommen, dass der CO₂-Fußabdruck für Elektrolyse, Verdichtung, Speicherung, Repowering-Ausrüstung und damit verbundene Prozesse gleich Null ist.

4. Was ist mit dem Geld, der Sicherheit…  Transport und Stahl?

Zum Thema Geld: In diesem Artikel möchte ich nicht zu viel Zeit auf Geld und Kosten für H₂ verwenden, sondern Ihnen einige der wichtigsten Zahlen nennen. Wenn Sie die „Energieverschwendung“ verstehen, die bei der Herstellung von Wasserstoff für die Speicherung entsteht, wie oben erläutert, verstehen Sie auch, dass dies teuer sein muss. Wie teuer, hängt vom Standort und der Methode ab. Hier einige Auszüge:

  • Verschiedene Institutionen behaupten, dass Kosten grüner Wasserstoff in den USA 5 USD/kg kostet und die Kosten auf weniger als 2 USD/kg sinken könnten [9].
  • Interessanterweise wären die Kosten für die Herstellung von Wasserstoff aus Kohle mit CCUS (Carbon Capture Utilization and Storage) etwa dreimal niedriger als die Herstellung von kohlenstoffarmem Wasserstoff durch Elektrolyse [20].
  • Die Preise für Elektrolyseure haben sich bei etwa 2.000 $/kW eingependelt und werden voraussichtlich mindestens bis 2025 auf diesem Niveau bleiben [10].
  • Selbst bei Elektrolyseurkosten von 500 $/kW und unter Verwendung der starken britischen Windverhältnisse (die zu den stärksten der Welt gehören) würden die H₂-Kosten immer noch über 5 USD/kg liegen (Abbildung 4). Ich möchte sogar diese Zahl in Frage stellen.
  • Über 33 % der Stromerzeugung im Jahr 2050 (über 27.000 TWh von 65.000 bis 80.000 TWh) könnten für die Erzeugung von Wasserstoff für die Speicherung in „Netto-Null“-Szenarien erforderlich sein
  • Das weltweit größte 260-MW-Kuqa-Wasserstoffprojekt in China von Sinopec findet es „schwierig“, mit intermittierendem Wind- und Solarstrom zu arbeiten. „Erstens kann die Zuverlässigkeit der erneuerbaren Energiequellen unbeständig sein, wobei Schwankungen bei Wind und Sonne die Beständigkeit der Wasserstoffproduktion beeinträchtigen“. (BNEF/Wasserstoff Einblick [15])

 

Bis 2030 wird mit erheblichen Investitionen in „grünen“ Wasserstoff gerechnet. McKinsey schätzt, dass bis 2030 rund 320 Mrd. US$ in Wasserstoffprojekte investiert werden. Der Hydrogen Council geht davon aus, dass zur Erreichung des Netto-Null-Kohlenstoff-Emissionszieles für 2050 eine Verdreifachung der Investitionen in Wasserstoffprojekte auf 700 Mrd. US$ bis 2030 erforderlich ist.

Die IEA [18] schätzt die Investitionen in „grünen“ Wasserstoff auf über 1 Billion US$ bis 2050, um „Netto-Null“ zu erreichen. Das ist in der Tat eine Menge Geld, mit dem man spielen kann, mit dem man Gewinne machen kann… und das am Ende verschwendet wird. Stellen Sie sich vor, was mit diesem Geld alles für die Beseitigung der Armut, die Verbesserung von Bildung und Gesundheit, die Verbesserung unserer Umwelt und der allgemeinen Lebensbedingungen getan werden könnte.

Da Europa zugegeben hat, dass es Wasserstoff importieren muss, hat der deutsche Bundeskanzler afrikanische Länder besucht, um herauszufinden, ob diese energiearmen Länder nicht einen Teil ihrer knappen Energie Deutschland abgeben können. Die Idee ist, dass die afrikanischen Länder mit ihrem Strom Wasserstoff produzieren, der dann nach Deutschland „exportiert“ werden soll, mit den hohen Energieverlusten, um Deutschland „grün“ zu machen (Quellen hier). Wird Energie zum neuen Kolonialismus?

Die Sicherheitsbedenken bei der weit verbreiteten Verwendung von Wasserstoff wurden in verschiedenen Berichten ausführlich erörtert und durch die Hindenburg-Katastrophe im Jahr 1937 veranschaulicht.

Wasserstoff wird täglich in großen Mengen in der Industrie verwendet und sicher gehandhabt. Die Verwendung von Wasserstoff unter höherem Druck, als wir ihn in der Industrie verwenden, und zwar nicht für industrielle, sondern für kommerzielle oder Verbraucherzwecke, ist jedoch mit Risiken verbunden, die letztlich auch den Verlust von Menschenleben bedeuten. Explosionen in den USA, Europa, Asien und Australien erzählen unzählige Geschichten. Fan et al. von der Columbia University betitelten eine aktuelle Studie mit „Hydrogen Leakages: a potential risk for the hydrogen economy“ [16] [etwa: Wasserstoffleckagen: ein potenzielles Risiko für die Wasserstoffwirtschaft.

Übrigens hat ausgelaufener Wasserstoff offenbar ein Treibhauspotenzial über 20 Jahre GWP20, das 37 Mal höher ist als das von CO₂ und 12 Mal höher bei GWP100. Dies zumindest laut Sand et al. 2023, die diese Werte berechnet haben, aber auch auf große Unsicherheiten hinweisen [16]. Wasserstoff ist nicht direkt ein Treibhausgas, aber seine chemischen Reaktionen verändern die Mengen der Treibhausgase Methan, Ozon und stratosphärischer Wasserdampf sowie Aerosole.

Für den Verkehr: Wenn es um Wasserstoff für den Verkehr über Brennstoffzellen geht, muss man verstehen, dass ähnliche Herausforderungen bestehen wie bei der Speicherung von Wasserstoff. Benzin- oder sogar batteriebetriebene Fahrzeuge sind weitaus energieeffizienter als mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge. Auf LinkedIn erläutert Michael Sura dies ausführlich, auch in Bezug auf Stahl. Ähnliches gilt für Flugzeuge auf Basis von flüssigem Wasserstoff. Wasserstoff als Treibstoff ist ein eckiges Rad“.

Die NASA kann alle Geschichten über den Transport und die Lagerung von flüssigem Wasserstoff (LH₂) erzählen. Wenn die NASA 45 % ihres flüssigen Wasserstoffs für die Raumfahrt „verliert“, dann bin ich mir sicher, dass die weltweit üblichen Betreiber Schwierigkeiten haben, es besser zu machen [NASA 13].

Bzgl. Stahl: Der Gedanke ist, Wasserstoff für die chemische Entfernung (Reduktion) von Sauerstoff aus Eisenerz in seiner festen Form zu verwenden. Diese Technologie erregt viel Aufmerksamkeit, weil sie die Herstellung von so genanntem „grünem“ Stahl ermöglicht. Lassen wir einmal außer Acht, dass für solche Verfahren sehr viel hochwertigeres Eisenerz benötigt wird, das knapp und teuer ist. Wäre Wasserstoff „grün“ oder „CO₂-frei“, was er, wie im vorherigen Abschnitt erläutert, nicht ist, dann müsste „grüner“ Stahl mit „fossilem“ Stahl preislich konkurrieren.

Der „grüne“ Wasserstoff, der für die Produktion von „grünem“ Stahl verwendet wird, müsste weniger als 1 EUR/kg kosten. Bei einem Preis von 5 EUR/kg H₂ würde der „nicht-grüne“ Stahl aus H₂ etwa das Zweifache des derzeitigen Preises kosten.

Abbildung 5: Aktuelle Kosten der Wasserstoffproduktion verschiedener Energietechnologien in UK. Quelle: LucidCatalyst, Wasserstoffbericht, 2020 [14]

5. Was ist „weißer“ Wasserstoff … und die anderen Farben des Regenbogens?

Vielleicht ist es auch an der Zeit, über einige andere Farben zu sprechen.

  • Weißer Wasserstoff – natürlich vorkommendes H₂, aus der Erde gewonnen
  • Blauer Wasserstoff – H₂, hergestellt aus Erdgas durch Dampfreformierung, mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS)
  • Grüner Wasserstoff – H₂, der aus Wind-, Solar- oder Wasserkraft mittels Elektrolyse hergestellt wird, wobei davon ausgegangen wird, dass er kein CO₂ enthält, was nicht stimmt.
  • Rosa Wasserstoff – H₂, der durch Elektrolyse aus Kernenergie hergestellt wird
  • Grauer oder schwarzer Wasserstoff – H₂ aus Gas (grau) oder Kohle (schwarz) durch Dampfreformierung oder Vergasung hergestellt, kein CCS

 

Am interessantesten ist eindeutig der natürlich-vorkommende Weiße Wasserstoff. Hätten wir natürlichen, kostengünstigen Wasserstoff für die Energienutzung zur Verfügung, könnte ein erheblicher Teil unserer Energieprobleme gelöst werden.

Natürlicher „weißer“ Wasserstoff wurde in ozeanischen Ausbreitungszentren, Transformverwerfungen, passiven Rändern und anderen Umgebungen entdeckt. Zu den Hauptquellen dieses Wasserstoffs gehören Veränderungen in Eisen(II)-haltigen Gesteinen, die Radiolyse von Wasser, Magma und die Reaktion von wasser- und kieselsäurehaltigen Gesteinen während der mechanischen Frakturierung. Derzeit steckt die Erforschung des natürlichen „weißen“ Wasserstoffs noch in den Kinderschuhen. Ich empfehle dringend Lu et al. 2023: The Origin and Occurrence of Natural Hydrogen für weitere Einzelheiten [5].

Verschiedene Start-up-Unternehmen für „weißen“ Wasserstoff haben bereits begonnen, erhebliche Mittel aufzubringen [6]. Ich unterstütze die Suche nach weißem Wasserstoff voll und ganz. Eine solche Quelle wäre ein echter Wendepunkt. Ich mache mir keine Sorgen, dass wir Problem haben eine langfristige Lösung für unsere Energieprobleme zu finden, zu denen auch die Kernfusion und „weißer“ Wasserstoff gehören könnten. Ich bin mir völlig sicher, dass wir dieses langfristige Energie-„Problem“ lösen werden.

Meine Sorge gilt den wirtschaftlichen und ökologischen Fehlern der derzeitigen Energiepolitik, die sich auf Wind, Sonne und daraus abgeleiteten „grünen“ Wasserstoff für Speicher- oder Transportzwecke konzentriert.

 Lassen Sie mich ein oder zwei Worte über blauen, rosa, grauen und grünen Wasserstoff sagen.

  • Blauer Wasserstoff für die Speicherung ist eine unverzeihliche Verschwendung… warum nicht das Gas direkt verwenden?
  • Rosa Wasserstoff für die Speicherung ist eine unverzeihliche Verschwendung… warum nicht direkt die Kernenergie nutzen?
  • Grauer Wasserstoff als Speichermedium ist eine unverzeihliche Verschwendung… warum nicht direkt Gas oder Kohle verwenden?
  • Grüner Wasserstoff für die Speicherung ist eine unverzeihliche Verschwendung… und wird niemals das Problem der Intermittenz von Wind und Sonne nachhaltig lösen. Nachhaltig = wirtschaftlich und ökologisch

 

So hat SHELL kürzlich sein Ziel aufgegeben, bis zum Jahr 2030 in Norwegen bis zu 450.000 Tonnen „blauen Wasserstoff“ pro Jahr zu produzieren. In der Folge hat Equinor den Plan für eine Wasserstoffpipeline von Norwegen nach Deutschland ebenfalls aufgegeben [8].

6. Zusammenfassung

Mit Hilfe von Wind- und Solarenergie und Elektrolyse erzeugter Wasserstoff soll eines der Hauptprobleme von Wind- und Solarenergie überwinden, nämlich die Intermittenz, wofür in den kommenden Jahren Hunderte Milliarden US-Dollar an Fördermitteln bereitgestellt werden.

Der Trugschluss, Wasserstoff als „nachhaltigen“ Teil einer künftigen „Energiewende“ zu betrachten, hat mit der Tatsache zu tun, dass 65 bis 80 % des Stroms „verschwendet“ wird, der zur „Herstellung“ von Wasserstoff für die Speicherung benötigt wird. Die Tatsache, dass „grüner“ Wasserstoff nicht wirklich existiert, wird durch diese einfache Rückwärtsrechnung veranschaulicht:

  • Bei einem konservativen CO₂eq-Fußabdruck von durchschnittlich 200 g/kWh über den gesamten Lebenszyklus bei einem 100 %igen Solarnetz würde grüner“ Wasserstoff etwa die gleichen relativen CO₂eq-Emissionen verursachen wie ein Kohlekraftwerk (950 g CO₂/kWh).
  • Die derzeitigen „Netto-Null“-Pfade, wie sie von der IEA angestrebt werden, würden im Jahr 2050 – allein für die Wasserstoffproduktion – fast so viel Strom erfordern, wie die gesamte Welt im Jahr 2024 verbraucht.

Die Erforschung des natürlich vorkommenden „weißen“ Wasserstoffs steckt derzeit noch in den Kinderschuhen, könnte aber bei einem Erfolg in der Zukunft einen Wendepunkt darstellen, und ich unterstütze diese Forschung voll und ganz.

Es scheint, dass die Bedenken im Zusammenhang mit Wasserstoff langsam erkannt werden. So hat die IEA in ihrem jüngsten Bericht über erneuerbare Energien 2024 festgestellt, dass die für Wasserstoff bestimmte „erneuerbare“ Energiekapazität voraussichtlich um 35 % geringer wachsen wird als im Jahr zuvor prognostiziert, aber immer noch um 45 GW [17].

In ihrem „IEA Renewable Report“ vom Oktober 2024 stellte die Organisation fest: „Wasserstoff bleibt eine vernachlässigbare Antriebskraft für das Wachstum weiterer erneuerbarer Kapazitäten“. [19, p7]

Michael Sura sagt oft: Die Herstellung von Wasserstoff für Speicher- oder Transportzwecke ist ein eckiges Rad. Ich füge hinzu: „…und die größte Verschwendung von knappem und teurem Strom“.

Für weitere Details über Wasserstoff empfehle ich Prof. Furfari‘s Buch „The Hydrogen Illusion“ [10].

  1. Quellenangaben

[1] NASA on Liquid Hydrogen https://www.nasa.gov/missions/artemis/innovative-liquid-hydrogen-storage-to-support-space-launch-system. and  https://www1.grc.nasa.gov/wp-content/uploads/Centaur-First-Liquid-Hydrogen

[2] History of Hydrogen

[3] Kiefer, Capt. Ike 2013, Twenty-First Century Snake Oil, Feb 2013, see page 6 in Chapter 3.3 on hydrogen and page 15 in Chapter 5 on eROI, https://uwaterloo.ca/complexity-innovation/sites/ca.complexity-innovation/files/uploads/files/kiefer-snake-oil31.pdf

[4] Wikipeida on 1937 Hindenburg disaster https://en.wikipedia.org/wiki/Hindenburg_disaster

[5] Lu et al 2023: The Origin and Occurrence of Natural Hydrogen.” Energies 16, no. 5 (January 2023): 2400. https://doi.org/10.3390/en16052400.

[6] Bill Gates and Jeff Bezos Back White Hydrogen Startup, OilPrice.com, https://oilprice.com/Energy/Energy-General/Bill-Gates-and-Jeff-Bezos-Back-White-Hydrogen-Startup.html.

[7] IPCC AR6, 2021, https://www.ipcc.ch/assessment-report/ar6/

[8] on Shell and Equinor in Norway, Sep 2024, https://www.linkedin.com/posts/michael-sura-9a47511bb_hopium-hydrogen-squarewheel-activity-7246437030652448769-bBrf, https://www.linkedin.com/posts/michael-sura-9a47511bb_hydrogen-hopium-squarewheel-activity-7244677476218454016-BYKi/?utm_source=share&utm_medium=member_ios

[9] Net-Zero Steel in Building and Construction: The Way Forward | McKinsey, April 2022. 

[10] BCG: Global Trade in Hydrogen Will Miss 2030 Targets, Nov 2023. https://www.bcg.com/publications/2023/accelerating-global-hydrogen-trade.

[11] IEA: World Energy Outlook 2023 – Analysis, Oct 2023. https://www.iea.org/reports/world-energy-outlook-2023.

[12] Global Energy Perspective 2024 | McKinsey. Sep 2024. https://www.mckinsey.com/industries/energy-and-materials/our-insights/global-energy-perspective.

[13] NASA on Liquid Hydrogen Storage Losses, 2011. 

[14] Hydrogen: Missing Link to a Livable Climate: How Hydrogen-Enabled Synthetic Fuels Can Help Deliver the Paris Goals,” September 2020. https://www.lucidcatalyst.com/hydrogen-report

[15] World’s Largest Green Hydrogen Project ‘Has Major Problems Due to Its Chinese Electrolysers’, December 2023 and Sep 2024. https://www.hydrogeninsight.com/production/exclusive-worlds-largest-green-hydrogen-project-has-major-problems-due-to-its-chinese-electrolysers-bnef/2-1-1566679 and https://energynews.biz/green-hydrogen-project-falls-short-in-china/

[16] Center on Global Energy Policy at Columbia University, “Hydrogen Leakage: A Potential Risk for the Hydrogen Economy, July 2023, 

[17] Reuters: IEA Lowers Renewables Forecast for Clean Hydrogen Reduced.” February 2024. https://www.reuters.com/business/energy/iea-lowers-renewables-forecast-clean-hydrogen-2024-02-01/.

[18] IEA’s 2022 updated roadmap to NetZero, https://www.iea.org/reports/world-energy-outlook-2022/an-updated-roadmap-to-net-zero-emissions-by-2050

[19] IEA: Renewables 2024 – Analysis.” IEA, Oct 2024, https://www.iea.org/reports/renewables-2024.

[20] based on IEA and other data, summarized by FutureCoal https://www.futurecoal.org/coal-facts/

Link: https://unpopular-truth.com/2024/10/12/hydrogen-what-more-can-we-wish-for/

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Übersetzt von Christian Freuer